Fotocredit: Andi Weiland | openTransfer.de
Die große Herausforderung in digital zusammenarbeitenden Teams ist, dass wir weniger zufällige Begegnungsmomente haben und vielen Dingen aktiv Raum geben müssen. Ein häufig vernachlässigter Bereich ist die Pflege des digitalen Wir-Gefühls. Eine gute Möglichkeit um das Wir-Gefühl auch in stressigen Phasen zu pflegen, sind kleine Routinen, die Maßnahmen für das Teamgefühl in unsere Zusammenarbeit integrieren.
Routinen sind verinnerlichte Handlungsabläufe, die weder extra Energie kosten noch vergessen werden. Dabei gibt es immer einen bestimmten Auslöser, worauf eine Reaktion folgt und am Ende gibt es eine Belohnung. In der folgenden Grafik ist ein Beispiel einer Team-Routine im digitalen Raum:
Der Routinen-Promoter
Gerade in räumlich verstreuten Teams ergibt es viel Sinn, Team Routinen zu etablieren. Denn in der digitalen Zusammenarbeit muss man sich selbstständig an Absprachen erinnern und halten. Teamfördernde Routinen müssen also verinnerlichte Routinen sein, bei denen der Auslöser zur Ausübung entweder in uns liegt (Laptop anschalten, Abendroutine,…) oder durch ein digitales Signal (Email, eingespeicherter Termin,…) ausgelöst wird.
Sich als Team neue Routinen anzueignen braucht etwas Übung. Dabei sollte eine Person (Routinen-Promoter) die Verantwortung übernehmen. Routinen-Promoter haben die Aufgabe, den Teammitgliedern zu helfen, einen neuen Handlungsablauf oder eine bestimmte Aktivität in den Organisationsalltag zu integrieren. Im besten Fall ist es die Person, die zum Beispiel bei geplanten virtuellen Treffen darauf achtet, dass auch das abgesprochene Fenster für eure Team- Aktivitäten eingeplant ist oder auch die anderen Mitglieder nett an eure neuen Routinen erinnert.
5 Routinen, die euer digitales Wir-Gefühl stärken
Wie du bereits sehen konntest sind Routinen großartige Unterstützer, um den Aufbau und die konstante Pflege des digitalen Wir-Gefühls nicht zu vernachlässigen. Die folgenden fünf Routinen eignen sich gut für den Einstieg. Natürlich kannst du kreativ werden und mit deinem Team eigene kleinen Routinen für euren Zusammenhalt entwickeln.
#1 Check-In Fragen
Wenn wir uns sehen steigen wir häufig mit einem “Wie geht es dir?” in unser Gespräch ein. Leider führt diese Frage nur in den seltensten Fällen zu einer ehrlichen Antwort und stattdessen folgt ein eher oberflächlicher Austausch. Dabei interessiert es uns tatsächlich, wie es unseren Teammitgliedern geht. Um aus diesem einstudierten Dialog auszubrechen, helfen kleine Check-In Fragen, welche uns zum Nachdenken anregen.
Hier ein paar Beispiele an Check-In Fragen:
- Welchen Hintergrund hast du auf deinem Smartphone?
- Was siehst du, wenn du aus dem Fenster schaust?
- Was hast du dieses Jahr Neues gelernt?
- Wenn deine Stimmung ein/e Farbe/Wetter/Tier wäre, welche/s wäre sie?
Besonders gut funktioniert dies, wenn du am Anfang eurer online Treffen eine Check-In Frage stellst und ihr diese nacheinander beantwortet. In größeren Gruppen hilft es auch, das Team für den Check-In bereits in Kleingruppen aufzuteilen.
#2 Kommunikations-Kanal für Momente
Sich mit jemanden verbunden zu fühlen bedeutet auch, dass man besondere Momente aus dem Leben der Person teilen kann. Das kann von kleinen Momenten (“Schau mal heute hat es in meinem Garten geschneit!”) bis zu Lebensereignissen (“Ab heute bin ich offiziell Rentnerin!”) sein. Die virtuelle Kommunikation ermöglicht es uns, auch bei diesen Momenten etwas verbundener zu sein. Ein Kommunikationskanal, wie z.B. eine Chatgruppe, kann genau in diesem Moment diese Verbindung auch über räumliche Distanz schaffen. In dieser Chat-Gruppe können Glückwünsche, witzige Anekdoten oder auch Katzenbilder geteilt werden.
Ein paar Spielregeln damit euer Team-Kanal gut funktioniert:
- Trennt den Kommunikationskanal für Vereinsnachrichten von eurem Teambuilding-Kanal. So könnt ihr sicherstellen, dass eure wichtigen Informationen nicht von Katzenbildern verdrängt werden.
- Führt keine Diskussionen in eurer Gruppe. Das ist der Kanal für euer Gemeinschaftsgefühl, hier sollten keine Meinungsverschiedenheiten ausgetragen werden. Dazu eignet sich besser ein Gespräch oder ein digitales Treffen.
Jede:r hat ein anderes Bedürfnis sich über Privates auszutauschen. Eventuell macht es für euch mehr Sinn, diesen Kanal als Angebot zu eröffnen, für alle die Lust haben auf den Austausch. In diesem Kanal ist es auch mal in Ordnung, nicht alle Nachrichten zu lesen oder ihn stumm zu stellen.
#3 Feste Zeiten der Begegnung
Bei überwiegend digitaler Kommunikation verfallen wir häufig in ein Effizienzdenken. Es geht plötzlich um ein fokussiertes Abarbeiten von Aufgaben und der kollegiale Plausch muss einer festen Agenda weichen. Aus diesem Grund ist es wichtig, ein Zeitfenster für das Wir-Gefühl zu schaffen. Das kann ein Block in euren regelmäßigen Videokonferenzen oder auch ein eigenes virtuelles Treffen sein.
Ein paar Ideen für eure nächste digitale Quality-Time:
- Digitaler Spieleabend: Werwolf, Pantomime oder Montagsmaler lassen sich auch großartig online umsetzen. Hier findest du ein paar weitere Spielideen.
- Gemeinsamer Webinar-Besuch: Ihr nehmt gemeinsam an einem Webinar teil und trefft euch danach für eine kleine Nachbesprechung. Dabei muss das Thema gar nicht direkt mit eurer Arbeit zusammenhängen. Neue Eindrücke bringen neue Ideen – probiert es mal aus! Eine Übersicht an spannenden Webinaren zu Themen der Digitalisierung findest du im D3-Eventkalender.
- Live Koch- oder Bastel-Event: Ladet zu einem gemeinsamen Koch-, Back-, oder Bastelabend ein. Ihr müsst nur vorher die Materialienliste verschicken und dann könnt ihr verbunden durch eine Videokonferenz gemeinsam tolle Dinge entstehen lassen. Extra-Tipp: Ihr könnt die Ergebnisse auch an ein Teammitglied per Post verschicken lassen. So kann die Erinnerung an das Event auch noch 1-2 Wochen später nochmal hochkommen.
In diesem Zeitfenster liegt der Fokus nicht auf dem Abarbeiten von bestimmten To-Dos oder dem Erreichen von Zielen. In diesem Zeitfenster geht es darum, gemeinsame Momente zu schaffen, zu lachen, nachzudenken und sich auszutauschen. Und das sollte ganz ohne Leistungsdruck geschehen.
#4 Willkommens-Ritual
Aller Anfang ist schwer und in digitalen Teams ist gerade der Einstieg von Unsicherheit und etwas Einsamkeit geprägt. Damit dieses Gefühl schnell einem schönen Willkommensgefühl weichen kann, hilft euch ein Willkommensritual eure neuen Mitglieder schnell an Bord zu holen.
In kleinen Teams bietet es sich an, wenn jeder eine kleine Willkommensnachricht an euer neues Mitglied sendet. So eine kleine Nachricht mit Vorstellung und dem Angebot, dass man bei Fragen gerne unterstützt bekämpft das Gefühl der Einsamkeit direkt von Anfang an. Würde man persönlich auch machen, bei einem neuen Mitglied, oder?! Und natürlich haben persönliche Nachrichten einen größeren Wert als die Standard-Begrüßungs-Email aus der Zentrale.
Neben einem Willkommens-Ritual hilft auch ein kleines Ritual bei Erfolgen. Gerade in den Hoch- und Tiefpunkten wird uns die räumliche Distanz besonders bewusst. In diesen emotionalen Extremmomenten brauchen wir ein kleines Zeichen aus dem Team. Wie wäre es zum Beispiel mit einem virtuellen High-Five?!
#5 Blind-Date
Gerade für Teams, die bereits länger remote oder hybrid zusammenarbeiten, stellt sich irgendwann die Frage: Wie lerne ich den Rest der Organisation besser kennen? Die digitalen Kommunikationswege sorgen für viel Transparenz und gute Zusammenarbeit in einem Projektteam, aber wenn man nicht gemeinsam an einem Projekt arbeitet hat man wenig Kontaktpunkte mit anderen Mitgliedern der Organisation.
Ein einfaches Ritual für mehr zufällige Begegnungen in eurer Organisation ist das virtuelle Blind-Date. Dabei lost ihr jeweils zwei Personen aus, die sich im Laufe einer Woche zu einem virtuellen Kaffee-Date oder Mittagessen verabreden. Die Verlosung kann eine Person übernehmen oder sonst helfen auch die Tools Donut (Slack) oder IceBreaker (MS Teams).
Extra-Tipp: Wenn ihr bereits eine gewisse Bildschirmmüdigkeit in eurem Team verspürt, kann man sich auch zu einem Telefonat während eines Spazierganges verabreden.
Natürlich arbeiten nicht alle Teams ausschließlich und dauerhaft digital. In einem weiteren Teil der Serie schauen wir auf analoge Elemente in digitalen Teams. In Teil 3 geht es aber erst einmal um Konflikte in digitalen Teams – und wie ihr sie lösen könnt
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