D3 war wieder unterwegs – diesmal etwas abseits unserer bekannten Pfade. Gemeinsam mit rund 15 Vertreter:innen aus der Nonprofit-Szene, darunter viele aus der D3-Community, waren wir zu Gast bei BearingPoint. BearingPoint ist eine Management- und Technologieberatung, die gerade ein Tool für Nonprofit-Organisationen entwickelt. Das Ziel: Organisationen und Vereine sollen die Möglichkeit bekommen, sich anhand eines kurzen Fragebogens darüber zu informieren, wie sie im Bereich der Digitalisierung aufgestellt sind.
In unserer Gruppe durften wir den Test vorab testen und ausprobieren. Und das haben wir getan! Auf Herz und Nieren geprüft, einmal auseinandergenommen und wieder zusammengebaut – nun wird das Angebot nach diesem Feedback weiterentwickelt. Ganz agil und Nutzer:innenorientiert – wie es in Zeiten der Digitalisierung sein sollte.
So funktioniert das “Assessment”!
Soviel sei bereits verraten: Der Test, den Nonprofits in Zukunft in Eigenregie durchführen können, dreht sich in erster Linie um eine Unternehmenskultur. Genauer gesagt um eine Kultur, die Wandel zulässt – ein wichtiger Punkt, wenn man die Herausforderungen der Digitalisierung angehen möchte.
Besonders spannend: Nach dem Selbsttest erhalten die Teilnehmenden nicht nur eine grobe Einordnung ihres Digitalisierungsstandes. Sie bekommen auch, je nachdem, wie sie den Test beantwortet haben, einige Best Practice Beispiele aus Unternehmen, die ihnen strategische Impulse geben können.
Am Ende dieses sogenannten “Assessments” haben die Organisationen dann die Möglichkeit, sich für eine Pro-Bono-Beratung zu bewerben. Diese wird dann je nach Bedarf und Ausgangssituation von Berater:innen von BearingPoint angeboten.
Wir haben mit Dr. Wiebke Rasmussen, Leiterin der CSR bei BearingPoint und Juliane Lessmann, Beraterin bei BearingPoint, gesprochen, um mehr über das Tool zu erfahren. Außerdem haben sie uns drei Tipps gegeben, wie Nonprofits das Thema Digitalisierung erfolgreich und strategisch angehen können.
Liebe Wiebke, liebe Juliane. Ganz spontan: Wie können NPOs strategisch an das Thema „Digitalisierung“ herantreten? Was sind eure drei Top-Tipps?
Wiebke: Erstens: Voneinander lernen wollen und Gesprächsanlässe nutzen. Dann sieht man, wie andere die digitalen Themen angehen. Und es hilft sicher auch zu sehen, dass nicht nur man selbst noch vor Aufgaben steht.
Juliane: Fokus bewahren. Wenn Digitalisierung jeden Arbeits- und Lebensbereich betrifft, droht die Gefahr sich zu verheben, wenn man sich nicht Schritt für Schritt bewegt. Das heißt aber eben auch, einige gute Ideen erst einmal liegen zu lassen. Keine halben Sachen.
Wiebke: Da würde ich noch ergänzen: Digitalisierung ist kein reines Thema für IT. Jeder und jede sollte sich überlegen, was Digitalisierung für ihren Aufgabenbereich bedeutet und sich mit Stimme einbringen. Dazu muss man nicht jetzt schon alles wissen. Die Bereitschaft, sich zunehmend mit dem Thema zu beschäftigen würde ich allerdings als Voraussetzung definieren.
Vielen Dank! Nun zu euch: Was genau macht BearingPoint?
Wiebke: Wir sind eine Management- und Technologieberatung und suchen für Kund:innen wie Unternehmen und Öffentliche Hand nach individuellen Lösungen. Dabei prüfen wir unter anderem, ob Strategie und technischen Möglichkeiten sinnvoll verknüpfbar sind – oder eben nicht.
Weshalb habt ihr nun ein Angebot für Nonprofits geschaffen?
Wiebke: Ganz neu ist das alles nicht. In den Regionen, in denen wir tätig sind, haben wir bereits mit Nonprofits zusammengearbeitet, zum Teil auch in Pro Bono Projekten. Wir haben aber den Beginn dieses Jahres zum Anlass genommen, um das, was wir bereits in Sachen CSR tun, auf Herz und Nieren zu prüfen.
Wir wollten einen Beitrag für die Gesellschaft leisten, den unsere Kolleginnen und Kollegen unterstützen wollen und können (zeitlich und fachlich) und der natürlich auch einen wirklichen Bedarf in der Gesellschaft adressiert. Mit diesen Punkten im Hinterkopf lag es nahe, das Thema “Digitalisierung von Nonprofits” zu anzugehen.
Wie soll das neue Angebot für Nonprofits/Social Start-ups aussehen?
Wiebke: Wir wissen, dass Digitalisierung als Thema in der Zivilgesellschaft wichtig ist und bleibt. Das zeigen Studien und das spiegelt auch der Sektor. Wir sehen aber auch, dass die Wissens- und Umsetzungsstände in den Organisationen sehr stark voneinander abweichen. Die einen sind digitale Avantgarde und treiben die Wirtschaft mit Innovationskraft, den anderen fehlt noch eine Vorstellung, was Digitalisierung für sie bedeutet. Organisationen unterscheiden sich oftmals dadurch, wie veränderungsfähig sie sind. In Zeiten der Digitalisierung ein wichtiger Faktor.
Juliane: Das ist ein Thema, das keiner aussitzen kann. Deshalb wollen wir ein Tool zur Verfügung stellen, das Nonprofits dabei helfen kann, ihre Digitale Reife zu evaluieren und mit uns gemeinsam Themenschwerpunkte für die praktische Umsetzung festzulegen. Dieses Angebot ist angelehnt an ein Assessment, das wir in der Industrie bereits anwenden.
Wir haben im Vorfeld vermutet, dass die Übertragung auf den Dritten Sektor nicht ohne Anpassungen gelingt. Deshalb haben wir uns einer Fokusgruppe gestellt, die das Tool gemeinsam mit uns im Detail auseinandergenommen hat. Da hat sich bestätigt s: Der Sektor tickt anders und wir müssen Wordings und Schwerpunkte anpassen. . Aber darin sehen wir unsere Aufgabe als Beratung: Die richtigen Fragen stellen und dann gemeinsam Antworten entwickeln.
Jetzt war viel von diesem Tool die Rede – wie genau soll das denn aussehen?
Wiebke: Das Tool ist ein Self-Assessment und wirft Fragen auf, die man im ersten Moment vielleicht gar nicht mit Digitalisierung verbindet.
Für Organisationen, die schon einen Schritt weiter sind aber noch Hilfe brauchen, Digitalisierung wirklich strategisch zu denken, wollen wir ein Workshop-Format anbieten, mit dem wir Nonprofits helfen, ihre Digitalen Prioritäten und nächsten Schritte zu definieren. Daraus können sich dann im nächsten Schritt konkrete Pro Bono Einzelprojekte ergeben, die wir nach Möglichkeit unterstützen.
Juliane: Denken wir zwei drei Jahre weiter, so wäre es unser Zielbild, dass BearingPoint als Teil eines Pro Bono Ökosystems (in einer Logik wie auch Project Together arbeitet) mit anderen eine bedarfsgerechte Support-Infrastruktur aufstellen kann. Und es wäre toll, wenn Nonprofits auch in diesem Thema noch mehr in den Wissensaustausch und die Kollaboration gingen. Auch Formate wie diese würden wir in Zukunft gerne unterstützen.
Was sind eurer Erfahrung nach die größten Hürden für NPOs/Social Start-ups, digital durchzustarten?
Juliane: Das ist eine gute Frage. Aus meiner Sicht sind das vor allem die kulturellen Hürden, die jede andere Organisation auch zu überwinden hat. Digitalisierung verändert die Art der Zusammenarbeit.
Wiebke: Digitalisierung bedeutet neue Prozesse, Datenschutz, Social Media und verleiht Daten einen ganz neuen Wert für eine Organisation. Da den Überblick zu behalten, auf Stand zu bleiben ist anspruchsvoll. Hier noch die richtigen Prioritäten zu setzen, kann insbesondere kleinere Organisationen überfordern. Dabei wird auch vergessen, dass Digitalisierung zwar mittelfristig helfen kann, Kosten zu senken, aber dass bis dahin erstmal ein Invest an Wissensaufbau und Entwicklung steht. Und da, wo es bereits Ideen gibt, wie man Digitalisierung nutzen kann, fehlt es an einem/r Sparring-PartnerIn oder an Konsequenz in der Umsetzung.