Der eine oder die andere erinnern sich, dass das Thema Podcast gar nicht so neu ist, wie es vielleicht erscheint. Tatsächlich existiert das Konzept einer Serie abonnierbarer Medien- bzw. Audiodateien schon seit der Jahrtausendwende. Nur wenige Jahre später (2005) integrierte Apple das Format in seinen Medienplayer iTunes und machte es damit dem Massenpublikum zugänglich. 2008 stellten dann schon alle größeren deutschen Rundfunkanstalten einzelne Sendungen im „on demand-Format“ zur Verfügung. Zu diesem Zeitpunkt hattet ihr und ich also sicherlich schon mal von „diesen Podcasts“ gehört.
Es sollte aber noch weitere sieben Jahre dauern, bis ihre Verbreitung ein nennenswertes, heißt: zweistelliges Maß erreichte. Spätestens seit 2019 ist an Podcasts kein Vorbeikommen mehr: Die Nutzer:innenzahlen haben sich in Deutschland sprunghaft verdoppelt – für die Altersgruppe der 14- bis 29-Jährigen sogar verdreifacht. Etwa zur selben Zeit haben wir bei Korrektur NachOben (kurz: KNO) begonnen, dieses Audioformat zu den unterschiedlichsten Themenfeldern – vom Reisen über Politik bis hin zu unserem eigenen Nischenformat Digitale Provinz – zu produzieren und wollen hier gerne unsere Erfahrungen und das „KNO“how weitergeben.
Don’t believe the hype – or should you?
Für die Frage, ob man an solch einem Trend teilhaben sollte, sind sicherlich immer Kosten und Nutzen abzuwägen. Klar ist schon mal, dass man jede:n fünte:n bzw. jede:n dritte:n Deutschen über Podcasts erreichen kann – das sind 23 bzw. 14 Millionen Menschen. Aber diese große Masse allein ist vielleicht noch nicht das schlagende Argument. Bleiben wir also mal beim Nutzen – und zwar zunächst auf Seiten der Konsument:innen.
Laut der jüngsten Podcast Grundlagenstudie 2020 von iq digital schätzen die Hörer:innen an ihren Podcasts vor allem, dass sie informativ sind (91%), während anderer Aktivitäten gehört werden können (80%) und sich gut in den Alltag integrieren lassen (79%). Außerdem vermitteln sie effizientes Wissen und aktuelle Informationen über selbstgewählte Themen zu einem gewünschten Zeitpunkt.
Dieser Faktor hat im Laufe der Corona-Krise deutlich an Bedeutung gewonnen. Unter allen Medien, deren Nutzung während der Pandemie zugenommen hat, landen Podcasts auf Platz zwei – nach dem Internet im Allgemeinen. Das heißt aber auch: vor Social Media (!), TV, Zeitungen und dem Radio. Podcasts sind somit als Informationsquelle mittlerweile ein fester Bestandteil des Alltags von 86% der Befragten.
Nice to know: Podcasts dienen oft auch als
Hilfsmittel zum Deutsch lernen.
Dass man zum Hören die Augen nicht braucht und die Hände frei hat, ist ein wesentliches Argument für das Format und verschafft ihm einen deutlichen Vorteil gegenüber Text und sogar dem Content-King Video. So hört die überwiegende Mehrheit Podcasts während häuslicher Tätigkeiten, unterwegs im Auto oder ÖPNV und in der Küche. Manch andere:r nutzt sie beim Sport, während des Einkaufs oder zum Einschlafen.
„Okay, aber was hab ich davon?“
Schauen wir auf den Nutzen für die Produzent:innen. Neben dem schon angesprochenen großen Publikum sollte der Einstieg ins Podcast-Business vor allem deswegen in Betracht gezogen werden, weil das Format eine hervorragende Kund:innen- bzw. Hörer:innenbindung ermöglicht. Die überwiegende Mehrheit der Hörer:innen folgt dem Inhalt grundsätzlich aufmerksam bis zum Ende (89%) und weiß genau, wann die nächste Folge erscheint (84%). Sowas konnten sonst nur Daily Soaps aus den Neunzigern von sich behaupten.
Das liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass wir dem gesprochenen Wort schneller ungleich mehr Informationen entnehmen können als dem bloßen Text und natürlich auch Emotionen über die Stimme besser zu transportieren sind. Nicht umsonst erleben wir eine Inflation der Sprachnachrichten.
Die Hörer:innen sind sogar derart treu, dass sie Werbung für kostenfreie Inhalte akzeptieren. Immerhin 40% würden für einen guten Podcast sogar bezahlen. „Schön und gut“, werdet ihr sagen, „aber wie mache ich einen guten Podcast?“ Dazu kommen wir gleich. Wo wir aber quasi schon bei den Kosten sind: Sicherlich ist es aufwendiger einen Podcast zu produzieren als einen Text zu schreiben. Aber die Produktion ist deutlich weniger zeit- und kostenintensiv als die Königsklasse Video-Content. Zieht man das in Betracht und die Erfolgsaussichten eines Textes im Aufmerksamkeitswettbewerb unserer Gegenwart einen gewissen Impact zu erzeugen, schneiden Podcasts ganz ordentlich ab.
Vorüberlegungen für euren Podcast: Was und für wen?
Bei KNO – und bei vielen anderen der Branche sicherlich auch – startet jeder Auftrag mit den Fragen: Wer ist die Zielgruppe? Wo ist sie wie am besten zu erreichen? Da ich hier über Podcasts schreibe und mich also schon auf ein Format festgelegt habe, kann ich diese Herangehensweise auch von hinten betrachten. Dann wäre die – für die meisten Leser:innen bedeutende – erste Frage: Erreiche ich meine Zielgruppe? Auch hier gibt die Studie von iq digital Antworten. Kurz: Ja.
1. Für wen?
In der Altersgruppe der 14- bis 59-Jährigen sind stolze 88% bereits Podcast-Fans, unter den 60- bis 70-Jährigen sind es zumindest noch 35%. Und wofür interessieren die sich so? Die Hörer:innen sind nahezu ausschließlich daran interessiert, Neues zu erlernen und legen großen Wert darauf, gründlich informiert zu sein. Hinsichtlich der Themen und des Inhalts ist für die Leser:innenschaft von D3 sicherlich von Interesse, dass sich 87% der Hörer:innen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit interessieren und 61% in wichtigen Fragen der Gesellschaft engagieren.
2. Was?
Nachdem die Frage nach der Zielgruppe geklärt ist, steht ein Blick auf den Inhalt an: Was habe ich zu sagen? Was will ich erzählen? Nachdem ihr euch diese Frage selbst beantwortet habt, solltet ihr den Podcast-Markt checken. Hat euer Vorhaben eine gewisse Relevanz oder stellt ihr damit nur die dritte Kopie von XYZ bereit? Damit einher geht auch die Frage, was der Mehrwert eures Podcasts sein könnte. Wollt ihr informieren oder unterhalten – beides wird gern genommen – oder ist es so eine Art „Laberpodcast“ à la Fest & Flauschig von Olli Schulz und Jan Böhmermann (immerhin der erfolgreichste deutschsprachige und zeitweise sogar der weltweit erfolgreichste Podcast auf Spotify)?
Der Digitale Provinz-Podcast etwa ist, wie oben schon angedeutet, ein informatives Nischenformat, das sich mit der Digitalisierung abseits der Metropolen beschäftigt. Wir wollen Vordenker:innen und digitalen Transformator:innen Gehör verschaffen, die auf dem Land bleiben oder sogar aus der Großstadt in die Provinz ziehen. Im Podcast kommen Projekte und Regionen, positive Beispiele vom Wandel im ländlichen Raum, zur Sprache, die in anderen Medien nicht vorkommen. Gleichzeitig hinterfragen wir Entscheidungen in Politik, Verwaltung und Wirtschaft.
Eine weitere Erwägung betrifft die Gesprächsform: Ein Monolog ist möglich, ein Dialog aber sicherlich gefälliger. Aber, ob dieser als strukturiertes Interview oder eher als freies Gespräch daherkommt, ist damit nicht gesagt. Klar ist damit aber, dass es potentielle Gesprächspartner:innen braucht und ihr euch fragen müsst, wer das sein könnte und wie man diese vor euer Mikrofon bekommt.
Über die optimale Länge eures Podcasts sind sich die Hörer:innen schon im Klaren: mehr als 10, aber weniger als 30 Minuten. Diese Vorgabe solltet ihr unbedingt berücksichtigen, wenn ihr eure allgemeine Strategie entwickelt und die einzelnen Gespräche vorbereitet. Wie schon erwähnt, sind die Podcast-Hörer:innen sehr treu und wissen, wann die nächste Folge ihrer favorisierten Serie erscheint. Das heißt aber auch: Sie warten darauf und erwarten eine Folge zum jeweiligen Zeitpunkt. Macht euch also vorher unbedingt Gedanken darüber, welcher Veröffentlichungsrhythmus sinnvoll, aber auch von euch zu leisten ist. Denn zwischen zwei Folgen muss im schlimmsten Fall ein:e Gesprächspartner:in organisiert und ein Termin zur Aufzeichnung abgestimmt, das Gespräch aufgezeichnet und nachbearbeitet werden. In diesem Sinne ist es natürlich naheliegend, vorzuproduzieren, bevor man mit seinem Baby an die Öffentlichkeit tritt.
Genug für den Anfang
Damit kommen wir jedoch schon zum Thema des zweiten Teils der Artikelreihe: Produktion und Postproduktion. Schade, denn eigentlich wollte ich jetzt noch über Intro und Outro aka den Jingle eures Podcasts sinnieren. Aber das ist ohnehin ein Thema für sich.
Jetzt seid ihr aber erstmal dran: Stimmt ab, wie euch der Artikel gefallen hat, stellt eure Fragen oder gebt Hinweise in Form eines Kommentars – und besucht auch gerne die Social Media-Kanäle und die Webseiten von der Digitalen Provinz und Korrektur NachOben.
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