Fundraising funktioniert in sozialen Medien etwas anders als wir das z.B. aus dem E-Mail-Fundraising kennen, welches wir uns in letzten Teil der Serie genauer angeschaut haben. In den Sozialen Medien muss ein Spendenaufruf nicht nur zum Spenden überzeugen, sondern sich auch noch gut zum Teilen eignen. Ist ein Thema außergewöhnlich, dringend oder sehr nahbar wird nicht nur gerne gespendet, sondern auch darüber geredet. Beiträge werden kommentiert, geteilt, eigene Aufrufe erstellt. In diesem Fall sind soziale Medien der richtige Ort für das Fundraising. Hinzu kommt, dass Menschen, während sie soziale Medien nutzen relativ offen für Empfehlungen sind, sie haben ja gerade ein klein bisschen Zeit für Ablenkung.
Zwei aktuelle Beispiele können das verdeutlichen. Die Flut im Westen Deutschlands 2021 war ein dramatisches Ereignis, welches auch in sozialen Medien eine riesige Spendenbereitschaft hervorgebracht hat. In einem kurzen Zeitraum war es DAS Thema, über das alle geredet haben, viele Betroffene haben selber berichtet und auch die nicht selber betroffenen Spendenden waren nah dran. Es hätte ihnen auch passieren können. Es wurde geteilt, gespendet und gemeinsam als Social-Media-Gemeinschaft agiert.
Ebenfalls dramatisch und mit leider deutlich mehr Betroffenen ist das Thema Seenotrettung geflüchteter Menschen, vornehmlich im Mittelmeer. Die Dringlichkeit und der klare humanitäre Anspruch der hier aus einem gewollten oder ungewollten Staatsversagen entsteht ist hochemotional und außergewöhnlich. Auch hier funktioniert Gemeinschaft in sozialen Medien, wie es beispielsweise viele Spendenaktionen auf Facebook zeigen.
Aber: Social Media ist kein Fundraising-Allheilmittel
Eine andauernde Krise ohne aktuelle Berichterstattung, die konstant gute Arbeit einer sozialen Organisation oder ein wichtiges, aber nicht außergewöhnliches Naturschutzprojekt können über andere Kanäle erfolgreich Spenden sammeln, in sozialen Medien aber untergehen.
Social Media bedeutet immer eine unheimlich hohe Konkurrenz um Aufmerksamkeit.
Menschen nutzen soziale Medien in der Regel in Momenten der Zerstreuung und nicht, wenn sie sich voll fokussiert mit einem Thema beschäftigen. Der nächste Post, die nächste Story ist immer schon da. Und in diesem Post geht es vielleicht nicht um ein schweres oder kompliziertes Thema, sondern um ein süßes Katzenvideo, den politischen Aufreger der Woche oder die Partyfotos der eigenen Freund:innen. Und da liegt das Problem: Wird unser Spendenaufruf nicht wahrgenommen, wird er auch schon bald gar niemandem mehr angezeigt.
Also leider wie immer: Alles hat seine guten und schlechten Seiten und auch der Social Media Einsatz im Fundraising muss wohlüberlegt sein. Um dies zu erleichtern habe ich vier mögliche Einsätze für Social Media im Fundraising zusammengefasst.
Vertrauen schaffen
Um Spenden zu bekommen, müssen zwei grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein. Menschen müssen von der tollen Arbeit erfahren und sie müssen der Organisation genug vertrauen, um ihr Geld anzuvertrauen. Bei beidem kann Social Media helfen, noch bevor überhaupt ein Spendenaufruf gepostet wird. Über direkte und indirekte Empfehlungen könnt ihr neue Menschen erreichen und über eine gute Social-Media-Kommunikation Vertrauen unter den bestehenden Fans und Followern aufbauen.
Vertrauen wird nicht durch Zahlen, Fakten und Jahresberichte erreicht. Vertrauen entsteht durch eine Kommunikation auf Augenhöhe, bei der die Arbeit und Wirkung der Organisation dargestellt wird und im Austausch mit der Community Fragen beantwortet werden. Auf Augenhöhe bedeutet, die Fans und Follower nicht einfach nur zu informieren – das können andere Medien besser – sondern mitzunehmen und einbeziehen. Wenn eine richtige Community entsteht und Menschen sich nicht als Zuschauer:innen, sondern Teil der Organisation fühlen, dann wird die Organisation zu „meiner Organisation“.
Mit diesem Vertrauen ist eine Grundvoraussetzung für das Fundraising geschaffen. Dabei ist gar nicht so wichtig, ob die Spendenbitte selber in sozialen Medien geschieht oder ob vor Ort, auf eine E-Mail oder ausgelöst durch einen Brief gespendet wird.
Direkt um Spenden bitten
Aber natürlich gibt es auch die Möglichkeit, in sozialen Medien selber einen Spendenaufruf zu gestalten. Da ein einzelner Aufruf schnell verpufft, sollte die Frage nach Unterstützung wie eine Kampagne aufgebaut sein. Das heisst, ihr solltet mehrere Beiträge oder Stories rund um das Spendenziel planen, Updates für die Spendenden vorsehen, und Aufforderungen teilen.
Denkt daran: Social Media beinhaltet das Wort Social, es geht also um das gemeinsame Erreichen eurer Ziele.
Aber wie soll die Spende jetzt zu euch kommen? Hier gibt es zwei Möglichkeiten. Ihr könnt einen Link auf eure eigene Spendenseite posten (lest dazu unseren Beitrag über Spendenformulare) oder die Spendenmöglichkeiten der Social-Media-Plattformen nutzen. Schauen wir uns die Möglichkeiten etwas genauer an:
Link auf die eigene Landingpage
Vorteile
- Funktioniert überall, wo man Links setzen kann
- Organisation bekommt Kontaktdaten der Spendenden
- Eigene Gestaltungs- und Informationsmöglichkeiten
- Alle gewünschten Zahlungsmittel
- Spende geht aufs eigene Konto
Nachteile
- Spender:innen müssen die App verlassen
- Spendenstand kann im Netzwerk nicht angezeigt werden
- Es existieren keine gespeicherten Zahlungsdaten vorheriger Spenden
- Kein automatisches Teilen nach der Spende
- Es braucht ein gutes Spendenformular
Spendenbutton der Plattformen
Vorteile
- Spenden ist innerhalb der App möglich
- Spendenstände können direkt angezeigt werden
- Hat jemand schon einmal gespendet, ist eine zweite Spende mit einem Klick möglich
- Eigene Buttons unter Beiträgen und Videos möglich
- Keine Transaktionskosten, keine monatlichen Kosten
Nachteile
- Funktioniert derzeit nur auf Facebook/Instagram
- Spender:innen müssen Facebook vertrauen
- Organisation bekommt keine Kontaktdaten der Spendenden
- Nur Kreditkarte und Paypal als Zahlarten
- Organisation muss mit unzuverlässigem Facebook-Support kommunizieren
Zusammengefasst: Wenn ihr eine langfristige Beziehung zu den Spendenden aufbauen wollt lohnt es sich deshalb meist, das eigene Spendenformular zu verwenden. In dringenden Fällen, oder wenn keine Strukturen für Buchhaltung und Spender:innenbindung bestehen, sind auch die Spendentools von Facebook möglich. Richtig sinnvoll werden die Möglichkeiten der Plattformen im sogenannten Peer to Peer Fundraising, wenn also Unterstützer:innen in ihrem Freundes- und Bekanntenkreis Spenden sammeln.
Peer to Peer Spendenaktionen
Die aus meiner Sicht schönste Möglichkeit des Social Media Fundraisings ist das „Peer to Peer Fundraising“ also Spendenaktionen im eigenen Freundeskreis. Egal ob zum Geburtstag, aufgrund einer Weltreise, einer (e)sportlichen Leistung oder einfach, weil man sich gerade so richtig aufgeregt hat: wenn Menschen ihre eigenen Freund:innen um Unterstützung bitten verändert sich die Spendenmotivation und die Spendenden wollen nicht nur der Organisation, sondern auch den Spendensammelnden etwas Gutes tun.
Insbesondere mit den Fundraisern hat Facebook hier eine gute Möglichkeit geschaffen, solche Spendenaktionen einfach anzulegen, Freund:innen einzuladen und die Spenden abzuwickeln. Damit könnt ihr die Vorteile eines sozialen Netzwerkes direkt fürs Fundraising nutzen.
Mehr Informationen zu Facebook Fundraising und wie ihr euch dafür anmelden könnt findet ihr in diesem Artikel auf sozialmarketing.de.
Eine besondere Form des Peer-to-Peer Fundraisings ist der Spendenaufruf durch Influencer:innen, also Social Media Nutzer:innen mit besonders hohen Reichweiten. Findet eine Organisation eine solche Unterstützung, kann das sehr wertvoll sein. Wichtig ist hierbei aber, dass es zu einer wirklichen Unterstützung kommt und nicht nur zu einem kurzen Testimonial. Auch die Influencer:innen müssen richtiges Fundraising betreiben, also ihre Fans und Follower überzeugen, es persönlich machen, mehrfach auf die Aktion eingehen und auch Spendenstände kommentieren. Der Zauber des Peer to Peer Fundraisings ist, dass Spender:innen es zu ihrer eigenen Spendenaktion machen und nicht nur einmal erwähnen, dass es eine andere Spendenaktion gibt.
Bezahlte Werbung schalten
Last but not least sind soziale Medien auch Werbeplattformen, die ihr für das Fundraising nutzen könnt. Im Moment der Social-Media-Nutzung lassen sich Menschen für neue Dinge begeistern, sie sind offen für gute Geschichten. Zudem könnt ihr auf Grundlage der Social-Media-Profile Zielgruppen genauer auswählen als in den meisten anderen Medien.
Gute Social-Media-Werbung hat die selben Voraussetzungen wie ein normaler Social-Media-Post. Richtig wertvoll wird die Werbung, wenn sie geteilt wird, wenn Menschen darüber reden und eben auch spenden. Damit sich Werbung aber lohnt, sollte der Erfolg klar gemessen werden können. Werbung ist immer eine Investition, und Investor:innen sollten wissen, was sie tun.
Ich hoffe bei den vier verschiedenen Strategien Social Media fürs Fundraising zu nutzen, war die passende für euch dabei. Social Media setzt als Austausch-Medium die Basis für wirkliche Unterstützung, ermöglicht das Spenden, nicht nur für altbekannte Organisationen, sondern auch über das Spenden sammeln im Freundeskreis und Social Media ermöglicht Zielgruppen passgenau anzusprechen. Aber auch Social Media ist kein Allheilmittel, gerade der Austausch bedeutet einen relativ hohen Aufwand im Verhältnis zu anderen Maßnahmen. Ob der sich lohnt, hängt vom Profil der eigenen Organisation ab und am Ende auch davon, wie viel Spaß ihr an der Sache findet!
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