Konfliktmanagement digital: Wenn man nicht auf das persönliche Treffen warten kann

Nicht in jedem digitalen Team kann man auf ein persönliches Gespräch warten. Wie du online ein Konfliktgespräch führst und auch längerfristig eine gewinnbringende Konfliktkultur in deiner Organisation etablierst, schauen wir uns im 3. Teil unserer Serie zu digitalen Teams an.

Foto: Ein Mann sitzt vor einem mit Stickern beklebten Laptop und rauft sich die Haare.

Quelle: Tim Gouw via Unsplash

Konflikte klärt man persönlich, diesen guten Ratschlag hast du vermutlich schon von deiner Großmutter erhalten. Auch ich stimme dieser Aussage zu! Jedoch hat man in Zeiten digitaler Zusammenarbeit vielleicht Menschen im Team, die man nie oder nur selten persönlich trifft. Wenn das nächste Treffen zu weit weg liegt (sowohl räumlich wie auch zeitlich) dann muss es eine Klärung über digitale Kanäle geben. Denn je länger ein Missverständnis oder ein Konflikt ungeklärt bleibt, desto mehr Energie geht euch als Team verloren. Energie, die dein Team lieber in eure Aktivitäten und Programme investieren möchte.

Glühbirne

Ein Konflikt ist eine Spannungssituation, in denen voneinander abhängige Menschen versuchen, unvereinbare Ziele zu erreichen oder gegensätzliche Handlungspläne zu verwirklichen. Das bedeutet, dass die Konfliktparteien an drei verschiedene Punkten für die Lösung ansetzen können:

Die Abhängigkeit voneinander auflösen

Das ist für dein Team meist die ungünstigste Lösung, da es beinhaltet, dass sich eine oder mehr Konfliktparteien von der Organisation oder dem Projekt trennen und das Abhängigkeitsverhältnis aufgelöst wird.

Die unvereinbaren Ziele vereinbaren

Manchmal scheinen Ziele unvereinbar zu sein, jedoch wenn man sich die unterschiedlichen Bedürfnisse und Wünsche hinter einer Handlung anschaut, ist es häufiger als gedacht möglich, ein gemeinsames Ziel zu finden.

Die gegensätzlichen Handlungspläne vereinen

Dies ist in den meisten Fällen die größte Herausforderung. Da hilft es sich die Ziele der Konfliktparteien genau anzuschauen und die Beweggründe für einen bestimmten Handlungsplan zu erklären. Meistens stecken gute Gründe hinter jedem Handlungsplan und so können die Konfliktparteien gemeinsam erörtern, welcher (kombinierte) Handlungsplan das Team zum gemeinsamen Ziel bringen kann. 

Drei Tipps für eine gute Konfliktkultur

Konflikte geben uns neue Energie und sind häufig entscheidende Impulse für wichtige Veränderungsprozesse. Sie sind ein entscheidender Faktor für die Weiterentwicklung deiner Organisation, können aber – schlecht gemanagt – auch schwerwiegenden Schaden anrichten oder sogar eine Organisation zerstören.

Damit du die Energie eines Konfliktes positiv für deine Organisation nutzen kannst, hilft es eine gute Kultur für den Umgang mit Konflikten zu gestalten. Um eine gute Konfliktkultur in deinem Team zu fördern habe ich drei einfache Tipps für dich:

Tipp 1: Übe für den Ernstfall

Am Anfang ist es ungewohnt über Gefühle, Eindrücke und Missverständnisse im Team zu sprechen – gerade wenn dein Team erst am Anfang einer konstruktiven Konfliktkultur steht. Über Gefühle zu sprechen kann man am einfachsten üben, wenn man zu Beginn über positive Gefühle spricht. Macht es euch zur Routine, immer wieder auch über eure Gefühle zu sprechen. Das kann in Form von Austauschtreffen oder mit kleinen Check-In-Fragen zu Meetingbeginn in euren Organisationsalltag integriert werden. Es lohnt sich, damit zu beginnen, bevor es erste Konflikte gibt, denn dann fällt es deinem Team am einfachsten, sich auf das neue Format einzulassen.

Tipp 2: Sei ein Vorbild

Mit einem regelmäßigen Check-In alleine erzeugt man noch nicht die richtige Konfliktkultur. Einer muss den Sprung ins kalte Wasser wagen und sich trauen, die Frage nach dem Wohlergehen ehrlich zu beantworten. Du hast einen schlechten Tag oder etwas hat dich geärgert? Dann kommuniziere es ehrlich.

Glühbirne

Für eine wertfreie Kommunikation hilft es, wenn du in Ich-Botschaften sprichst und dich auf deine Gefühle und Wahrnehmung konzentrierst. Dabei kannst du deine Ich-Botschaft so aufbauen: Ich + Sachaussage + meine Bedürfnisse und Gefühle:

Beispiel: Ich habe bei der letzten Veranstaltung am Ende alleine aufgeräumt und mich darüber sehr geärgert, weil ich dadurch erst viel später als geplant bei meiner Familie zuhause sein konnte.

Tipp 3: Biete Gesprächsräume zur Konfliktlösung

Vielen Menschen fällt es schwer, Konflikte anzusprechen und gerade im digitalen Kontext fällt es uns noch leichter, den Konflikten aus dem Weg zu gehen. Laptop zu – Konflikt weg! Im analogen Organisationsalltag kann man sich auch mal informell im Türrahmen treffen und aussprechen. In digital arbeitenden Teams ergeben sich diese Möglichkeiten nur sehr selten. Damit das klärende Gespräch nicht unnötig lange herausgezögert wird hilft es, die Konfliktparteien auf den Unmut anzusprechen und eine Klärungsmöglichkeit anzubieten. Je nach Bedarf kann es reichen, den betroffenen Personen einen Videokonferenzraum zur Verfügung zu stellen, bei schwierigen Konflikten hilft vielleicht auch eine Moderation des Gesprächs.

Der Ablauf eines digitalen Konfliktgesprächs

Ein Konfliktgespräch verläuft am konstruktivsten, wenn jeder das Gefühl hat ernst genommen zu werden und die teilnehmenden Parteien an der Lösung des Konfliktes interessiert sind. Dabei hilft ein klares Ablaufschema bei der Moderation eines Konfliktgesprächs. Die Moderation kann bei einfacheren Konflikten von einem der Beteiligten erfolgen, bei schwierigen Konflikten sollte eine unbeteiligte externe Person zur Moderation hinzugezogen werden.

Als Ablauf für eine digitale Konfliktlösung bietet sich die Klärung der W-Fragen an.

Grafik zeigt die W-Fragen eines Konfliktgesprächs: {"A?":"B","a":5,"d":"B","h":"www.canva.com","c":"DAExajd8."Wer ist in den Konflikt involviert und interessiert an der Klärung? Was ist der Konflikt auf den Ebenen? Warum ist es besser, wenn die Beteiligten den Konlikt lösen?

#1 Wer?

Um einen Konflikt im digitalen Raum gut zu klären ist es wichtig, die beteiligten Konfliktparteien zu identifizieren. Das ist gerade im digitalen Kontext meist nicht so leicht ersichtlich, da ein Großteil der Kommunikation ohne deinen Einblick geschieht. 

  • Ist es möglich, dass Personen involviert sind, die sich noch nicht direkt zum Konflikt geäußert haben?
  • Gibt es Personen, die sich an dem Konflikt beteiligen, weil sie Partei für eine Person ergriffen haben?

Zu dem Konfliktgespräch sollten tatsächlich nur die direkt involvierten Personen eingeladen werden – aber eben auch alle, die einen Klärungsbedarf haben

#2 Was?

Ein Konflikt kann ganz unterschiedlich aufgefasst werden und nicht selten unterscheidet sich der Hintergrund eines Konfliktes stark zwischen den Konfliktparteien. Deswegen ist es sehr wichtig zu Beginn des Gespräches den Hintergrund des jeweiligen Konfliktes zu erfragen. Die verschiedenen Parteien können ihre Sichtweise schildern, um die Frage nach dem “Was” zu klären. Dabei sollte das Wort dem einen nach dem anderen erteilt werden, ohne einzelne Personen zu überspringen. Denn gerade durch ein klares Verständnis von den existierenden Konflikten versteht ihr, auf welcher Ebene es bearbeitet werden muss. Geht es hier um ein Beziehungsproblem oder ein strukturelles Problem? In dem Gespräch sollten die unterschiedlichen Konflikte gesammelt werden und im nächsten Schritt nacheinander besprochen werden.

Ein Konflikt kann zum Beispiel folgende Hintergründe haben:

  • Beziehungsebene
  • Bedürfnisse
  • Innere/ Persönliche Konflikte
  • Werte/ Moralvorstellungen
  • Kommunikationsprobleme/ Missverständnisse
  • Strukturelle Bedingungen
  • (Falsche) Informationen
  • Perspektive/ Sichtweise

#3 Warum?

Im nächsten Schritt geht es darum, den Blick auf die Gemeinsamkeiten und verbindenden Elemente zu richten. Warum lohnt es sich für die Konfliktparteien zusammenzuarbeiten? Dabei ist es wichtig, die Gemeinsamkeiten der Konfliktparteien zu identifizieren und das Augenmerk auf diese zu lenken. In der Konfliktbearbeitung hilft es, zuerst Beziehungskonflikte zu klären und dann Sachkonflikte zu bearbeiten. So fällt es den Beteiligten leichter einen kühlen Kopf zu behalten. Für die erfolgreiche Lösung eines Konfliktes hilft es, ein gemeinsames Bedürfnis oder Ziel zu finden und auf dieses aufzubauen. Was ist der gemeinsame Nenner? Welche Ziele teilen wir? 

#4 Wie?

Abschließend geht es um einen gemeinsamen Handlungsplan. Wie schaffen wir es, unsere Bedürfnisse unter einen Hut zu bekommen? Es hilft, den Raum zu öffnen für neue kreative Handlungswege. In dieser Phase darf selbst die Moderation kreative Impulse setzen, um eine gemeinsame Handlungsstrategie zu entwickeln, welche die Bedürfnisse aller Konfliktparteien respektiert. An diesem Punkt ist es gut, den Fokus auf das Wesentliche nicht zu verlieren und sich zu bemühen, neue Handlungsstrategien zu entwickeln statt in alte Muster zu verfallen.

In der Konfliktbearbeitung kann es auch mal schwieriger sein, sich auszusprechen. Dabei ist es für dich als Moderation besonders wichtig darauf zu achten, dass alle Parteien zielführend an einer gemeinsamen Lösung arbeiten. Sollte ein solches Gespräch nicht möglich sein, weil der Konflikt noch zu emotional aufgeladen ist, hilft es das Gespräch zu pausieren und zu einem späteren Zeitpunkt weiterzuführen.

Konflikte lösen geht nicht ohne ehrliches Interesse

Egal ob im analogen oder digitalen Kontext: Es ist wichtig sich bewusst zu machen, dass man einen Konflikt nur mit Menschen klären kann, die auch ein Interesse an einer Klärung haben. Eine konstruktive und sichere Gesprächsatmosphäre ist elementarer Bestandteil für einen Konflikt, welcher das Potenzial für positive Weiterentwicklung in deiner Organisation hat.

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