Zurück in die Zukunft – Gedanken zu Online Formaten nach Corona

Im Sommer sind viele Organisationen aus dem Zwang des Digitalen erwacht und organisieren wieder Veranstaltungen in Präsenz. Doch einige merken auch, dass digitale Formate auch Vorteile hatten. Liegt da nicht eine Kombination der beiden Welten nahe?

Foto auf dem zwei Menschen in einem Auto ins Wasser fahren, ab in die Zukunft.

Im März 2020 war plötzlich alles anders. Die Schulen wurden geschlossen, Geschäfte nur noch für den täglichen Bedarf geöffnet und es wurde aus dem Homeoffice gearbeitet. Was vorher immer als unmöglich abgetan wurde, war plötzlich Realität. Treffen und Veranstaltungen wurden online durchgeführt. Es war eine Aufbruchsstimmung zu spüren: Es gab die Bereitschaft gewohnte Pfade zu verlassen und neue Methode, Tools und Formate auszuprobieren. Etwas mehr als ein Jahr später hat sich diese Stimmung gelegt. Die einen haben die digitale Realität lieb gewonnen und andere suchen in Zoom immer noch nach dem Button für die Bildschirmfreigabe. Dabei ist jetzt die Zeit für einen Aufbruch in die hybride Zukunft!

Anführungszeichen

Es klingt durchweg plausibel da zu propagieren, dass jetzt das hybride Zeitalter anbricht. So können wir das beste aus beiden Welten vereinen und Erlebnisse schaffen, die in beiden Welten zugänglich sind. Das klingt irgendwie verlockend. Und doch ist es viel komplizierter als es scheint.

Was bleibt?

Es fühlt sich schon seltsam an: Die ersten Begegnungen wieder in Präsenz. Immer wieder die unbeholfenen Bewegungen bei der Begrüßung. Ist ein Handschlag schon wieder okay? Oder doch wieder eine Faust zur Begrüßung? Wo muss eigentlich noch die Maske getragen werden?

Plötzlich ging alles wieder so schnell. Erst waren es kleinere Veranstaltungen und jetzt sitzen wir doch wieder für Podiumsdiskussionen und Vorträge in einem großen Saal. Diese schnelle Entwicklung hat vielfältige Gründe. Es ist einfacher: Ein paar Moderationskarten in die Mitte, eine Pinnwand in die Ecke und fertig ist der Durchschnittsworkshop. Keine Tools mehr ausprobieren und durch Testversionen klicken. Keine Online Whiteboards anlegen und Zugangsdaten versenden. Präsenz ist wieder Default geworden. Man muss wieder vor den Fördergeldgebenden rechtfertigen, warum man neue technische Ausstattung braucht. Corona sei doch vorbei!

Hat sich denn nichts verändert? Was ist geblieben aus dem letzten Jahr? In vielen Gesprächen wird beteuert wie schön es doch ist, alle wieder zu sehen. Einige können den digitalen Formaten doch etwas abgewinnen. Die langen Fahrtwege fallen weg und nebenbei könne man auch manchmal die Wäsche aufhängen. Sind das wirklich die einzigen Vorteile?

Hybrid gegen Pandemüdigkeit

Es klingt durchweg plausibel da zu propagieren, dass jetzt das hybride Zeitalter anbricht. So können wir das beste aus beiden Welten vereinen und Erlebnisse schaffen, die in beiden Welten zugänglich sind. Das klingt irgendwie verlockend. Und doch ist es viel komplizierter als es scheint.

Die Moderation steht bei hybriden Formaten vor einer besonderen Herausforderung. Sowohl die Teilnehmenden vor Ort als auch die digitalen Zuschauer:innen wollen eingebunden werden. Niemand soll sich als Besucher:in zweiter Klasse fühlen.

Bei einem Livestream von einem Vortrag ist das kein Problem. Wie sieht es aber in kleineren Workshops aus? Im Raum entwickelt sich ganz schnell eine Eigendynamik und das Mikrofon kann auch nicht alle Zwischenbemerkungen und Randnotizen aufnehmen. Mit einfachen technischen Mitteln lässt sich da aber einiges machen.

Mehr Gedanken zur Hybridisierung des Dritten Sektors könnt ihr hier nachlesen. Viele konkrete Tipps & Tricks zur Umsetzung hybrider Veranstaltungen finden sich aber auch in den Artikeln, die unter diesem Beitrag verlinkt sind.

HyFlex: digital + analog + asynchron = ❤

Wenn wir über einen flexiblen Zugang zu Veranstaltungen sprechen, darf aber auch eine weitere Komponente nicht fehlen: asynchroner Zugang zu den Informationen. Nicht nur Veranstaltungen und Workshops sind “richtige” Formate und Angebote an unsere Zielgruppe. Auch asynchrone Möglichkeiten bieten großes Potential, auf unsere Themen aufmerksam zu machen und Inhalte zu vermitteln. Dazu gehören auch Social Media und Websites, die längst nicht mehr nur als reine Ankündigungsplattformen gedacht werden können, sondern auch inhaltlichen Mehrwert geben sollten.

Das HyFlex Modell (hybrid flexibel) aus der Erziehungswissenschaft beschreibt drei Zugänge zu Lerninhalten: in Präsenzveranstaltungen, über synchrone Online-Formate und über asynchrone Möglichkeiten. Diese gleichwertigen Wege können wir auch in der Zivilgesellschaft nutzen.

Und jetzt?

Wir können es jetzt gerne genießen, uns wiederzusehen. Bei der nächsten Klausurtagung können dann die Pläne geschmiedet werden, wie es weiter gehen soll. Es muss ja nicht jede:r alles machen. Für manche stehen vielleicht auch nach der Pandemie digitale Formate im Fokus. In einem Verein, in dem ich aktiv bin, haben wir vorher vier Mal im Jahr große Workshopwochenenden organisiert. In der Pandemie haben wir einen Buchclub gegründet, bei dem wir uns jetzt alle 10 Tage digital sehen. Unser Kontakt zueinander im Verein ist dadurch enger geworden. Jetzt gibt es neue Ideen für einen Postcrossing Club (Gruppe zum Verschicken von Postkarten) und kleinere lokale Treffen.

Andere Organisation können gerne auch wieder ihren Fokus auf Präsenzveranstaltungen legen, oder haben ihre Liebe zum Bloggen, Podcasten oder Videodreh entdeckt. Wir müssen jetzt nicht wieder zurück zu dem, wie es vorher war. Einige Ideen lohnt es sich auch beizubehalten, für einen neuen Aufbruch.

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